Rechtsanwälte Hagen und Gevelsberg

30.12.2020

Bußgeldverfahren: Wie viel Information steht mir zu?

Eine der am meisten auftretenden Ordnungswidrigkeiten ist die Geschwindigkeitsüberschreitung im Straßenverkehr. In den meisten Fällen wird die Geldbuße beglichen und die Sache ist abgehakt. Doch ist dies nicht immer der Fall.  

So führte der vorliegend Betroffene ein Bußgeldverfahren durch.  

Innerhalb dieses Verfahrens beantragte er die Einsicht in die gesamte Verfahrensakte, so auch in die Lebensakte des Messgeräts, dessen Bedienungsanleitung, die Rohmessdaten der gegenständlichen Messung und den Eichschein (Schein über die vorgeschriebene Prüfung eines Messgeräts auf Einhaltung zugrundeliegender Vorschriften) des einschlägigen Messgeräts. 

Gewährt wurde dem Beschwerdeführer Einsicht in die Bußgeldakte, welche nicht alle vom Beschwerdeführer beantragten Informationen enthielt. Bezüglich der fehlenden Informationen teilte die zuständige Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass diese nicht Bestandteil der Ermittlungsakte seien und damit nur auf gerichtliche Anordnung vorgelegt würden.  

Nach Erlass des Bußgeldbescheids legte der Beschwerdeführer Einspruch ein und wiederholte seinen Antrag auf Preisgabe der zuletzt geforderten Informationen. Das Amtsgericht verwarf das Gesuch jedoch erneut. Jegliche Versuche des Beschwerdeführers auf Aussetzung des Hauptverfahrens wurden vom Amtsgericht zurückgewiesen. Anschließend erging eine Verurteilung mit einer Geldbuße und einmonatigem Fahrverbot. Das Amtsgericht äußerte in seinem Urteil, es handele sich bei der vorliegenden Messung um ein „standardisiertes Verfahren“. Das Messgerät sei geeicht gewesen und nach Vorgaben des Herstellers genutzt worden.  

Es bestünden zudem keinerlei Anhaltspunkte, welche die sachgerechte Handhabung des Messgeräts oder die entsprechende Messung anzweifeln lassen. 

Entsprechend erhob der Beschwerdeführer eine Verfassungsbeschwerde aufgrund einer Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren aus Art. 2 I in Verbindung mit Art. 20 III GG. Das Bundesverfassungsgericht hielt diese mit seinem Beschluss vom 12.11.2020 (2 BvR 1616/18) für begründet. 

Gegen die Annahme einer geringen Beweisführungspflicht im Rahmen eines „standardisierten Verfahrens“ ist nichts vorzubringen. Bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit des Messverfahrens und Ergebnisses, so reichen die Angabe des eingesetzten Messgeräts, die ermittelte Geschwindigkeit nach Toleranzabzug und des Toleranzwertes aus.  

Es steht dem Betroffenen aber zu, das Gericht auf Zweifel aufmerksam zu machen und entsprechende Beweisanträge zu stellen. Es müssen dafür jedoch konkrete Anhaltspunkte vorliegen, eine bloße Behauptung, die Messung sei fehlerhaft, reicht nicht aus.  

Aus dem Recht auf ein faires Verfahren folgt jedoch auch das Recht, Kenntnis von solchen Inhalten zu erlangen, die zum Zweck der Ermittlung entstanden, in der Akte aber nicht aufgeführt sind. Begehrt der Betroffene Zugang zu Informationen, die sich außerhalb der Akte befinden, um sich über entlastende Umstände Gewissheit zu verschaffen, ist ihm dieser Zugang grundsätzlich zu gewähren.  

Dieser Anspruch besteht jedoch nicht grenzenlos. Begehrte Informationen müssen in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem jeweiligen Vorwurf stehen und eine Relevanz für die Verteidigung aufweisen.  

Im zugrundeliegenden Verfahren haben die Fachgerichte bereits verkannt, dass dem Betroffenen aus dem Recht auf ein faires Verfahren grundsätzlich ein Anspruch auf Zugang, der nicht in der Bußgeldakte vermerkten Informationen zusteht.  

Vor allem bei solch massenhaften Verfahren ist detailgenaues Arbeiten ausschlaggebend für den prozessualen Erfolg.  

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