BAG:
Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers bei der Erteilung von Urlaub an langzeiterkrankte Arbeitnehmer
Ist der Arbeitgeber seinen Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten nicht nachgekommen, erlischt der gesetzliche Urlaubsanspruch gemäß § 7 III 3 BUrlG 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres, sofern es dem Arbeitnehmer, allein weil er bis zu diesem Zeitpunkt durchgehend krankheitsbedingt arbeitsunfähig war, nicht möglich war, den Urlaub (vollständig) zu nehmen. In diesem Fall ist nicht die unterlassene Mitwirkung des Arbeitgebers, sondern die Arbeitsunfähigkeit kausal für die fehlende Möglichkeit des Arbeitnehmers, den Urlaubsanspruch zu realisieren. (Orientierungssatz der Richterinnen und Richter des BAG)
(BAG, Urteil vom 07.09.2021 - 9 AZR 3/21 (A) (LAG Berlin-Brandenburg))
Das BAG hat in dieser Entscheidung seine bisherige Linie fortgeschrieben.
Die Befristung des Urlaubsanspruchs nach § 7 III BUrlG setzt bei einer mit Art. EWG RL 2003 88 Artikel 7 RL 2003/88/EG konformen Auslegung von § 7 BUrlG grundsätzlich voraus, dass der Arbeitgeber konkret und in völliger Transparenz dafür Sorge trägt, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen. Dazu muss er den Arbeitnehmer – erforderlichenfalls förmlich – auffordern, seinen Urlaub zu nehmen, und ihm klar und rechtzeitig mitteilen, dass der Urlaub mit Ablauf des Kalenderjahrs oder Übertragungszeitraums verfällt, wenn er ihn nicht beantragt. Macht er dies im laufenden Kalenderjahr nicht, verfällt der Urlaub nicht. Der Arbeitgeber kann jedoch seine Mitwirkungsobliegenheiten in jedem Urlaubsjahr für das vergangene Urlaubsjahr nachholen.
Schon diese Rechtsprechung führte bei vielen Arbeitgebern zu Kopfschütteln, da nach der Verlängerung des Verfallzeitraumes wieder neue Hürden aufgestellt worden sind.
Fraglich war jedoch bisher, ob diese Mitwirkungsobliegenheiten auch dann bestehen, wenn der Arbeitnehmer bei lang andauernden Erkrankungen durchgängig arbeitsunfähig erkrankt war mit der Konsequenz, dass er auch bei Erfüllung der Mitwirkungsobliegenheiten den Urlaub nicht hätte in Natur nehmen können.
Jetzt hat das BAG aber eindeutig erklärt, dass der Urlaub, der aufgrund dauerhafter Arbeitsunfähigkeit nicht genommen werden konnte, jedenfalls dann verfällt, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Urlaubsjahres bis zum Zeitpunkt des Verfalls des Urlaubs arbeitsunfähig erkrankt war. In diesem Fall sei nämlich nicht die fehlende Aufklärung durch den Arbeitgeber ursächlich für den Verfall, sondern die fehlende Möglichkeit, den Urlaub in natura zu nehmen. Dies sei dem Arbeitgeber nicht zurechenbar.
Zumindest in diesen Fällen besteht nunmehr Klarheit für den Arbeitgeber.
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