
Änderung im Nachweisgesetz voraussichtlich ab dem 01.08.2022:
Müssen Arbeitgeber alle Arbeitsverträge jetzt ändern?
Am 31.07.2019 ist eine EU-Richtlinie 2019 / 1152 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der europäischen Union in Kraft getreten. Diese „Arbeitsbedingungenrichtlinie“ muss bis zum 01.08.2022 in nationales Recht durch den deutschen Gesetzgeber umgesetzt werden. Sie soll eine einheitliche Unterrichtung der Mitarbeitenden in der EU über wesentliche Arbeitsbedingungen sicherstellen und die bereits bestehenden Nachweispflichten erweitern. In der Bundesrepublik Deutschland regelt bereits jetzt das Nachweisgesetz (NachwG) umfangreiche Informationspflichten für den Arbeitgeber, so dass Arbeitnehmer über ihre Vertragsbedingungen Kenntnis haben. Das Nachweisgesetz bezweckt hierbei eine Klarstellungsfunktion und soll die Mitarbeiter schützen, die keinen Arbeitsvertrag besitzen. § 2 NachwG regelt unter anderem, dass der Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses, bei Befristungen die vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses, der Arbeitsort, eine kurze Tätigkeitsbeschreibung, die Höhe des Arbeitsentgelts, die vereinbarte Arbeitszeit, die Dauer des Urlaubs, die Kündigungsfrist sowie ein allgemeiner Hinweis auf anwendbare Tarifverträge bzw. Betriebsvereinbarungen erfolgen muss. Sofern die vorab genannten Punkte nicht im Rahmen eines Arbeitsvertrages vereinbart worden sind, sind Unternehmen verpflichtet, spätestens einen Monat nach dem Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, diese Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen. Durch das Nachweisgesetz sollen unter anderem Streitigkeiten über die wesentlichen Arbeitsbedingungen vermieden werden. Bislang wurden Arbeitgeber, die dieser Verpflichtung zur Erstellung des Nachweises nicht nachgekommen sind, nicht sanktioniert, es drohte also kein Ordnungsgeld.
Noch ist die Neufassung des deutschen Nachweisgesetzes ein Gesetzesentwurf, der noch vom Bundestag und Bundesrat beschlossen werden muss. Die Neuerungen sollen jedoch ab 01.08.2022 gelten. Mit der Neufassung des Nachweisgesetzes werden die Unterrichtungspflichten des Arbeitgebers in erheblichem Maße erweitert. Erstmals droht auch ein Bußgeld, wenn der Arbeitgeber seiner Verpflichtung zur Erstellung des Nachweises nicht nachkommt, das Bußgeld soll nach dem Gesetzesentwurf bis zu 2.000,00 € betragen. Nachfolgende Änderungen des Nachweisgesetzes wirken sich unmittelbar auf jedes Arbeitsverhältnis aus, sofern der Bundestag und Bundesrat den Gesetzesentwurf so beschließt:
Die Nachweispflichten werden daher zur bisherigen Rechtslage in erheblichem Umfang erweitert.
Wie wirkt sich die Neuregelung für den Arbeitgeber in der Praxis aus?
Sofern der Gesetzgeber das Nachweisgesetz mit Wirkung zum 01.08.2022 neu fasst, bedeutet dies für den Arbeitgeber auf jeden Fall mehr Bürokratie. Der Gesetzesentwurf sieht für den Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen weiterhin ein strenges Schriftformerfordernis vor. Die elektronische Form ist explizit ausgeschlossen, obgleich dies in der EU-Richtlinie ausdrücklich zugelassen wird. Es stellt sich darüber hinaus die spannende Frage, wie sich die Neuerungen auf Alt- bzw. Neuverträge auswirken. Die neuen Vorschriften greifen, wenn sie denn in Kraft treten, im Prinzip erst einmal für die Arbeitsverträge, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer ab dem 01.08.2022 neu schließen. Bestehende Arbeitsverträge müssen Arbeitgeber jedoch auf Verlangen von Beschäftigen spätestens am 07. Tag (nach der Aufforderung) anpassen, also die fehlenden Angaben nachholen. Die Änderung des Nachweisgesetzes wirkt sich also insofern auch durch eine Nachunterrichtungspflicht auf bestehende Arbeitsverhältnisse aus!
Jedem Arbeitgeber ist daher anzuraten, sich bereits jetzt mit den Auswirkungen der Änderungen des Nachweisgesetzes schon vor dem 01.08.2022 zu beschäftigen. Bei der Umsetzung sind wir, die Rechtsanwälte Pinkvoss, Dahlmann & Partner, Ihnen selbstverständlich gerne behilflich. Sofern der Gesetzesentwurf also in der vorgelegten Form umgesetzt wird, sind die in dem Unternehmen verwendeten Musterarbeitsverträge zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen. Dies dürfte auch für die Bestandsverträge zu empfehlen sein, sofern Arbeitnehmer im laufenden Arbeitsverhältnis entsprechende Unterrichtungsansprüche, wie oben beschrieben, geltend machen.
Ein abschließender Hinweis:
Von besonderer Bedeutung dürfte die Frage sein, wie folgender Punkt in den Verträgen bzw. Nachweisen umgesetzt werden kann:
Wie oben bereits dargelegt, hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auch über die Vorgaben des Kündigungsschutzes und der entsprechenden Fristen für die Erhebung einer Kündigungsschutzklage zu informieren. Der Gesetzgeber hat hierbei in der Gesetzesbegründung klargestellt, dass diese Pflicht, selbst wenn sie verletzt wird, nicht dazu führt, dass die Kündigung rechtsunwirksam ist. Dennoch beobachten wir aktuell bereits im Rahmen vieler Klageverfahren, dass Arbeitnehmervertreter einwenden, dass wegen einer fehlenden Unterrichtung die Kündigung unwirksam ist mit Verweis auf die entsprechende EU-Richtlinie. Bereits jetzt kann jedoch aus unserer Sicht hier entgegnet werden, dass die Verletzung der Richtlinie ein Bußgeld auslösen kann, nicht jedoch die Unwirksamkeit einer Kündigung.
Dennoch ist es ratsam, sich mit Alt- und Neuverträgen auseinanderzusetzen, bei deren Anpassung und Umsetzung wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung stehen.
Atila Tasli
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht