Rechtsanwälte Hagen und Gevelsberg

08.04.2020

Pacta sunt servanda auch in Zeiten von Corona?

Corona!

Pacta sunt Servanda?

Die Coronavirus-Pandemie hat große Teile des Wirtschaftslebens zum Stillstand gebracht. Neben vielen anderen wichtigen Fragen stellt sich für viele die Frage, wie in dieser Krise mit bereits geschlossenen Verträgen umzugehen ist?

Es gilt zunächst weiterhin der Grundsatz: pacta sunt servanda, Verträge sind einzuhalten!

Wer also Waren bestellt oder Dienstleistungen beauftragt hat, muss grundsätzlich diese auch abnehmen und die vereinbarte Leistung vornehmen. Wie so oft kommt es auf die Absprachen zwischen den Parteien an, insbesondere, ob Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) Regelungen dazu getroffen haben, wer für welchen Fall den wirtschaftlichen Schaden trägt.

 

1.

Vielfach werden in allgemeinen Geschäftsbedingungen bzw. Verträgen die Möglichkeiten einer Stornierung (Rücktritt, Kündigung, Auflösung) eines Vertrages vereinbart. Haben die Vertragsparteien eine Stornierungsklausel vereinbart oder ist eine solche Klausel in den AGB enthalten, so ist eine Stornierung ohne weitere rechtliche Folge möglich. Zu beachten ist, dass in vielen Verträgen bestimmte Fristen für die Ausübung des Rechtes geregelt sind. Vielfach, wie z. B. bei Reiseverträgen üblich, werden im Falle der Stornierung Schadensersatz- bzw. Stornierungsgebühren fällig. Stets ist zu prüfen, ob die in den AGB vereinbarten Klauseln tatsächlich wirksam vereinbart worden sind, also ob die AGB ordnungsgemäß einbezogen und somit Vertragsbestandteil geworden sind. Dieser Punkt wird oftmals vernachlässigt. Ob im konkreten Einzelfall die AGB wirksam einbezogen worden sind, können wir gerne für Sie prüfen.

 

2.

In vielen AGB sind sogenannte „Höhere-Gewalt-Klauseln“ enthalten. Die Rechtsfolgen einer solchen Klausel sind unterschiedlich, es kommt darauf an, was die Parteien konkret vereinbart haben. Oftmals kommt es zu einer gegenseitigen Befreiung von den vertraglichen Hauptleistungspflichten. Dabei hat jede Partei die für sie schädlichen Folgen der Störung oder Verzögerung der Leistung selbst zu tragen. Ein Anspruch auf Ausgleich der Risikofolgen besteht in solchen Fällen üblicherweise nicht. Ein Anspruch auf Schadenersatz gegen den Vertragspartner scheidet in der Regel mangels eines Verschuldens, wie im vorliegenden Fall an der Coronavirus-Pandemie, aus.

Einen Sonderfall hierbei stellt eine einseitige Rücktrittsklausel wegen höherer Gewalt dar. In einem solchen Fall behält sich eine Vertragspartei den Rücktritt auch mit höherer Gewalt vor und gewährt ihn der anderen Partei nicht. Sollte eine solche Klausel tatsächlich in den AGB bzw. im Vertrag vereinbart worden sein, so bildet die Grenze der Grundsatz von Treue und Glauben gem. § 242 BGB. Auch hier gilt es im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob hier nicht eine unangemessene Benachteiligung eines Vertragspartners gegeben ist. Vorrangig ist auch in diesem Zusammenhang bei einer Einbeziehung durch AGB zunächst zu prüfen, ob eine solche Klausel tatsächlich wirksam einbezogen worden ist, im Weiteren wäre die Klausel einer Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB zu unterziehen. Auch hierbei stehen wir Ihnen gerne für Rückfragen zur Verfügung.

 

3.

Schlussendlich können unter Umständen auch gesetzliche Rücktrittsrechte die Auflösung von Verträgen zur Folge haben. Hierbei ist an die sogenannte Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB als gesetzliches Rücktrittsrecht zu denken. Zu beachten ist, dass die höhere Gewalt eine bereits anerkannte Fallgruppe für die Störung der Geschäftsgrundlage darstellt.

Liegt ein Fall der Störung der Geschäftsgrundlage vor, so resultiert hieraus auf erster Stufe die sogenannte Vertragsanpassung an die geänderten Umstände. Sollte eine Vertragsanpassung nicht möglich oder für die Vertragsparteien unzumutbar sein, wird auf der zweiten Stufe die Vertragsaufhebung gem. § 313 Abs. III BGB möglich. Ob eine Vertragsanpassung unzumutbar ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, da § 313 Abs. III BGB naturgemäß für eine Vielzahl von Extremfällen geschaffen wurde.

 

Ein Fallbeispiel im Gewerberaummietrecht:

Aktuell sind zahlreiche Geschäftsleute von einer zwangsweisen Schließung Ihrer Unternehmen betroffen. Diese Maßnahmen stellen sowohl Mieter als auch Vermieter betroffener Einrichtungen vor erhebliche wirtschaftliche Herausforderungen, insbesondere Mieter eines Ladenlokals, Gastronomiebetriebe oder Hotels. Es stellt sich hierbei die Frage, ob Miet- oder Pachtzahlungspflichten in gewerblichen Mietverhältnissen angesichts der Corona-Krise fortbestehen. Hierzu haben die Vertragsparteien in seltenen Fällen eine vertragliche Regelung getroffen, so dass im Weiteren zu schauen wäre, wie hierzu die Auffassung in der Rechtsprechung und Literatur ist.

Die Schließung der Ladenlokale erfolgt aufgrund öffentlich-rechtlicher Allgemeinverfügung. Hierbei ist nicht der Eigentümer Adressat der Allgemeinverfügung, sondern der Mieter als Betreiber. Problematisch ist in diesem Zusammenhang, dass fast in allen gewerblichen Mietverträgen betriebsbezogene Risiken und Einschränkungen zu Lasten des Mieters gehen. Der Vermieter ist lediglich zur Sicherstellung der baurechtlichen Zulässigkeit des Objektes verpflichtet. Daher geht die Rechtsprechung bei öffentlich-rechtlichen Beschränkungen des Betriebs davon aus, dass diese grundsätzlich das Verwendungsrisiko des Mieters betreffen und nicht zu einem Mietmangel führen. Eine behördlich angeordnete Einschränkung des Betriebs ist daher in der Regel kein zur Mietminderung berechtigender Mangel der Mietsache. Dies gilt auch dann, wenn durch eine betriebsbezogene Beschränkung der Betrieb des Mieters vorrübergehend unmöglich wird.

Anders wäre der Sachverhalt unter Umständen zu bewerten, wenn, wie in vielen Verträgen ebenfalls üblich, sehr konkret ein Miet- und Nutzungszweck geregelt ist. Der Mietzweck verpflichtet einerseits den Mieter, die Mietsache nicht über den vereinbarten Zweck hinaus zu nutzen. Andererseits verpflichtet er aber auch den Vermieter, dem Mieter ein Mietobjekt zu überlassen, das für die vereinbarte Nutzung geeignet ist. Kann nunmehr der Mietzweck, z. B. die Nutzung eines Einzelhandelsgeschäfts, in Folge einer behördlichen Anordnung nicht mehr erreicht werden, könnte hierin eine Unmöglichkeit der vermieterseitig geschuldeten Überlassung für den vereinbarten Zweck zu sehen sein. Gesetzliche Folge wäre, dass der Mieter von der Gegenleistung befreit wäre, also von der Zahlung der Miete, dies für die gesamte Zeit der Unmöglichkeit. Grundsätzlich könnte der Vermieter argumentieren, dass die Fläche unter Umständen auch für andere Zwecke genutzt werden könne, diese Argumentation läuft jedoch ins Leere, wenn der Mietvertrag einen besonderen und damit konkreten Mietzweck vorsieht, etwa die Vermietung oder Verpachtung einer Gaststätte oder eine Vermietung konkret als Bekleidungsgeschäft.

Auch hier gilt es im Einzelfall zu prüfen, der Mieter tatsächlich von seiner Zahlungspflicht befreit wäre, für Rückfragen diesbezüglich stehen wir Ihnen ebenfalls selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Auch im Mietrecht kann unter Umständen der Grundsatz der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) herangezogen werden. Grundsätzlich könnte in der behördlichen Anordnung einer Schließung eine Störung der Geschäftsgrundlage zu sehen sein. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Störung der Geschäftsgrundlage darin zu sehen sein kann, wenn Geschäftsmöglichkeiten in Folge von kriegsähnlichen Zuständen oder sonstigen Ereignissen weggefallen sind, die nicht vorherzusehen waren. Aktuell spricht vieles dafür, auch die Coronavirus-Pandemie in die vorgenannte Kategorie einzuordnen, da sie nicht lediglich der Risikosphäre einer Vertragspartei zugeordnet werden kann.

Auch hier gilt, dass unter Umständen bei einer Störung der Geschäftsgrundlage die Rechtsfolge sein kann, dass der Vertrag angepasst werden muss (unter Umständen eine Mietreduzierung) oder aber der Vertrag aufgehoben werden muss, dies für den Fall, dass die Krise tatsächlich mehrere Monate andauern sollte. Hier empfiehlt es sich, dass die Mietvertragsparteien sich zusammensetzen und prüfen, ob für einen überschaubaren Zeitraum unter Umständen tatsächlich eine Mietminderung in Betracht kommt. Möglich wäre auch eine Stundung der monatlichen Mieten, um die Liquidität des Mieters zu schonen.

 

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